Interview mit Fritjof Fähnders, Servicetechniker – Der Trend geht zu Plug & Play

Fritjof Fähnders hat sich auf Servicetechnik spezialisiert. Foto: RW Technischer Gebäudeservice.

Fritjof Fähnders hat sich auf Servicetechnik spezialisiert. Foto: RW Technischer Gebäudeservice.

Mechatronische Elemente fordern Mitarbeiter, die sich Fachkompetenz für Einbau, Konfiguration und Reparatur von Motoren samt Steuerung aneignen. Fritjof Fähnders ist tätig für RW Technischer Gebäudeservice, eine Firma, die sich mit etwa 40 Mitarbeitern auf Gebäudetechnik spezialisiert hat. Aktuell wird ein Schulungszentrum von Daimler Truck mit Metallbau Schmidt aus Malsch umgesetzt. Einbau und Reparatur von Antrieben gehören zu Fähnders täglichem Geschäft.

metallbau: Herr Fähnders, Sie montieren und warten Fenster und RWA-Antriebe. Wie·sieht Ihr Alltag aus?
Fähnders: Ich leite das vierköpfige Team der Abteilung RWA. Dazu betreue ich die Messsteuer-Regeltechnik, koordiniere die normale Wartung von der RWA-, der Lüftung- und der MSR-Technik. Zudem plane ich und montiere vor Ort.

metallbau: Welche Antriebe verwenden Sie?
Fähnders: Also im Normalfall verbauen wir als Kooperationspartner Kingspan STG-Geräte. Wenn nichts Spezielles ausgeschrieben wird, verwenden wir diese. Tatsächlich gibt es nur wenige Anforderungen, die Kingspan STG nicht anbietet, weshalb wir etwa 95 % aus deren Sortiment bedienen können.

metallbau: In den Leistungsverzeichnissen bzw. den Ausschreibungen werden in der Regel Öffnungsmotoren ausgeschrieben, aber die konkreten Modelle selten benannt.
Fähnders: Genau: Die eigentlichen Antriebe werden selten präzise ausgeschrieben. Sie sind in der Regel abhängig von dem jeweiligen Fensterhersteller bzw. von dem ausgewählten Profilrahmensystem. Aber meist sind die Antriebe frei wählbar, sofern kein NRWG gefordert ist.

 

metallbau: Was ist ein NRWG?
Fähnders: Ein „Natürliches Rauch- und Wärmeabzugsgerät“ ist eine geprüfte Einheit aus Fenster und Antrieb, die mechanisch oder elektrisch öffnet und Rauch- und Brandgase nach außen
ableitet. Aber es gibt eigentlich keine RWA-Klappen mehr, die heutzutage nicht elektrisch funktionieren. Ich denke an Öffnungsanlagen, die etwa über eine Feder gesteuert sind und sich rein mechanisch öffnen. Es gibt wohl noch Lichtkuppeln, die mit Hilfe von Überdruck aus einer C0²-Patrone aufgeschossen werden. Sie funktionieren quasi wie Airbags in einem Auto.

metallbau: Wie hat sich die Motorentechnik bei RWA-Klappen, bei Fenstern und Türen in den letzten zehn Jahren entwickelt?
Fähnders: Also die neueren Antriebe sind definitiv leiser. Das Kräfteverhältnis hat sich verbessert bei den neueren Antrieben. Heute hole ich mit derselben Motorleistung ein höheres Drehmoment aus diesen Antrieben heraus. Neuere Antriebe sind leichter zu konfigurieren, z. B. durch Software oder eine modulare Aufbauweise. Aber die grundsätzliche Technik hat sich in den
letzten 25 Jahren nicht wesentlich verändert.

metallbau: Sind die heutigen Antriebe von der Wartung her nicht bessere Black-Boxes, die man im Schadensfall nur als Ganzes austauschen kann?
Fähnders: Normalerweise muss man meist tatsächlich den kompletten Antrieb tauschen. Kingspan STG-Antriebe sind im Gegensatz zu anderen reparierbar, was auch zur Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens passt. Oft sind Reparaturen aber kaum günstiger als ein Komplettaustausch.

metallbau: Wie sind die Schnittstellen angelegt? Gibt es einheitliche Steckverpindungen, etwa innerhalb des Kingspan STG Systems?
Fähnders: Ja, die neue Antriebsserie ist per Plug & Play konfigurierbar. Frühere Modelle werden nach wie vor separat an das Stromnetz über eine herkömmliche Abzweigdose mit Federklemmen angeschlossen. Der Trend geht aber zu Plug-and-Play-Anschlüssen mit vor konfektionierten Kabeln und daran integrierten Buchsen.

metallbau: Wie steht es mit der Einbindung der Öffnungsmotoren in ein zentrales BUS-System?
Fähnders: Meist sind RWA-Klappen oder auch sich automatisch öffnende Fassadenfenster in ein größeres BUS-System integriert, werden also über eine zentrale Computersteuerung auf- und zugefahren. Wir decken den Bereich Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (MSR-Technik) mit ab. Diese arbeitet etwa mit separaten Thermometern und Windmessern und dient der unmittelbaren Regelung von Fensteransteuerungs- und Lüftungsanlagen.

metallbau: Ist der Aufwand für den Einbau in den letzten zehn Jahren zurückgegangen?
Fähnders: Heutzutage ist es einfacher, weil insbesondere Kingspan STG nun mehr Montageschablonen für seine Antriebe vorhält. Das macht alles wesentlich einfacher, da man damit
sowohl am Fenster selber wie auch an dessen Rahmen die entsprechenden Punkte anzeichnen kann. Das kann schon im Werk erfolgen -oder durch den Metallbauer. Unser Unternehmen ist ja
eine Partnerfirma von Kingspan STG und es stehen häufiger größere Projekte an, wo wir hinfahren und vor Ort montieren.

metallbau: Hat Kingspan STG eigentlich einen festen Partner, der für die Motoren die passenden Fensterrahmen baut?
Fähnders: Grundsätzlich kann man Kingspan STG-Antriebe in jedes Fenster einbauen. Es gibt allerdings unterschiedliche Antriebe für verschiedene Funktionen. Die Ausnahmen bilden wie gesagt NRWGs, die feste Einheiten für ihre bauliche Zulassung bilden.

metallbau: Und wie funktioniert jetzt bei normalen Fenstern die Schnittstelle zum Fensterantrieb? Ist das etwa genormt wie bei einer Strom-Steckdose?
Fähnders: Da jedes Fenster unterschiedlich groß ist, wird jeder Antrieb entsprechend berechnet. Zu berücksichtigen sind die Flächen, eine mögliche Schneelast, Windlasten und ob das Fenster sich nach innen oder außen öffnet. Man muss sich im Klaren sein, dass ein Antrieb, der an ein Fenster angeschraubt wird, rechtlich eine Maschine wird. Vorher sind Antrieb und Fenster zwei unterschiedliche Leistungen Wenn man aber beides miteinander verbindet, dann wird -juristisch gesehen -aus beiden eine einzige Maschine. Entsprechend der geltenden Maschinenbaurichtlinie bedeutet das, dass damit eine zusätzliche Gefahrenbeurteilung für dieses motorbetriebene Fenster erforderlich ist.

metallbau: Welche Arbeiten überwiegen bei Ihnen: Die Wartung oder die Montage von Fensterantrieben?
Fähnders: Das ist unterschiedlich, denn es kommt wirklich auf die Objekte an. Ich hatte schon Objekte, bei denen wir 120 Antriebe montieren mussten. Bei größeren Objekten machen diese Arbeiten die Fensterbauer meistens aber gleich mit. Wir kommen dann nur noch zum Anschließen.

metallbau: Wo schlummern bei der Montage die Fehlerquellen?
Fähnders: Das Problem ist meist, wenn ein Elektriker die Arbeiten ausführt, der auch Steckdosen verlegt. Oft wählen diese Kollegen zu kleine abelquerschnitte aus, wodurch die Leitungen schnell überlastet werden. Der häufigste Fehler dabei ist, dass von der Arbeitsspannung der Motoren ausgegangen wird. Die liegt standardmäßig bei 24 Volt. Aus der niedrigen Volt-Zahl wird dann vorschnell geschlossen, dass ein einfacher Telefondraht mit einem 0,8er-Querschnitt ausreicht. Bei 24 Volt ist aber die Leistungsaufnahme (gemessen in Ampere) erheblich höher als bei der regulären Steckdosenspannung von 230 Volt. Dementsprechend ist ein größerer Querschnitt erforderlich. Tatsächlich bietet Kingspan STG dazu technische Diagramme an, die die Problematik beschreiben. So ein kleiner Standardfensterantrieb hat eine Kraft von 300-450 Newton, was eine Leistungsaufnahme von rund einem Ampere erfordert. Das dazugehörige Netzteil benötigt für ein Fenster allein schon 75 Watt Leistung, man kann sich also leicht vorstellen, dass die Leitungen schnell sehr warm werden!

metallbau: Bei Fensteröffnern handelt es sich doch meist um Schneckenantriebe, die mit einem Elektromotor irgendwelche Gewinde rausfahren?
Fähnders: Richtig, es gibt Spindelantriebe und Kettenantriebe. Beides läuft über Getriebe, die etwa eine Kette bewegen oder eine Zahnstange bzw. eine Spindel ein- und ausfahren.

metallbau: Und nach welchen Kriterien suchen Sie die Motorenleistungsfähigkeit aus?
Fähnders: Sie müssen den passenden Antrieb bestimmen nach der Schneelast, nach Öffnungsweite und Öffnungswinkel. Es ist zu klären, ob es sich um ein Standardfenster mit einer Größe von 80 x 80 cm handelt, oder ob es ein größeres Fenster für ein Treppenhaus ist. Denn dort ist gemäß den geltenden Entrauchungsvorschriften mindestens ein Quadratmeter Fensterfläche erforderlich, also ein Maß von mindestens 1,00 X 1,00 m. Wenn ich etwa ein Fenster als motorisierten Drehflügel ausführe, benötige ich oft sogar zwei Antriebe, um sicherzustellen, dass das Fenster sauber öffnet und schließt und sich nicht bei der Bewegung verzieht. Auch muss bei größeren Fenstern dafür gesorgt werden, dass die Motoren synchron laufen.

metallbau: Gibt es auch unbeherrschbare Probleme?
Fähnders: Es gibt auch mal Aufgaben, bei denen ich mir selber nicht weiterhelfen kann. Dann rufe ich bei Kingspan STG in der zentralen Technik an. Das ist wirklich die absolute Notfallhilfe.
Ich hatte einmal die Reparatur von zwei Rauchklappen, die hydraulisch über Öldruck angetrieben waren. Da wusste ich die Klappengewichte nicht und habe sie nur anhand der vorliegenden
Pläne auf 200-250 kg geschätzt. Und diese Schätzung habe ich mir von Kingspan STG vor der Ausführung aus Haftungsgründen bestätigen lassen. Sie kamen zu dem gleichen Ergebnis, berieten mich aber zudem hinsichtlich der idealen Positionierung der Montagepunkte, um eine optimale Kraftübertragung sicherzustellen.

metallbau: Worauf ist eigentlich bei der Montage von Ihrer Seite immer am meisten zu achten?
Fähnders: Meistens ist es das Platzproblem. Die neueren Motoren benötigen jetzt nur noch 32 mm Aufbauhöhe, die alten hatten noch 40-45 mm. Man sollte zudem am Fenster noch Platzreserven haben, um bei der Montage auch gut arbeiten zu können.

metallbau: Gibt es eigentlich von Kingspan STG auch rahmenintegrierte Motorenlösungen?
Fähnders: Ja, die gibt es! Persönlich bin ich kein Freund davon: Das integrierte System sieht zwar sehr schön aus, ist aber nicht, wartungsfreundlich. Wenn so ein Antrieb mal kaputt ist, muss
meist das ganze Fenster ausgebaut werden.

metallbau: Bilden Sie sich regelmäßig fort?
Fähnders: Natürlich. Bei sicherheitstechnischen Anlagen fordert jeder Hersteller einen Sachkundenachweis, der regelmäßig aufgefrischt werden muss. Bei Kingspan STG zum Beispiel gilt
dieser für drei Jahre, Schulungen finden in Lemgo statt (https//www.kingspan-stg.de). Für eine Fortbildung bei D+H muss man nach Ammersbek (https//www.dh-partner.com), und für
eine Fortbildung bei Aumüller Äumatic nach Thierhaupten (http// www.aumueller-gmbh.de).

Autor: Robert Mehl
Foto: RW Technischer Gebäudeservice.

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